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Incentivierung von Führungskräften im Rahmen der Corona-Krise – Herausforderungen und Lösungsansätze

Die weltweite Corona-Krise und der damit verbundene Shut-Down wird die wahrscheinlich größte globale Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte zur Folge haben. In Deutschland rechnet die Bundesregierung für 2020 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 6,3 % (zum Vergleich: als Folge der weltweiten Finanzkrise lag der BIP-Rückgang 2009 bei 5 %). Die EU-Kommission erwartet dieses Jahr sogar einen EU-weiten BIP-Rückgang von 7,5 %.

Mit einer Erholung der Wirtschaft wird erst ab 2021 gerechnet, wobei zu erwarten ist, das dies von Branche zu Branche unterschiedlich schnell gehen wird. Branchen, die bereits vor dem Corona-bedingten Shut-Down mit großen strukturellen Veränderungen zu kämpfen hatten (z. B. der Automobilsektor) werden sicherlich länger brauchen, um wieder auf einen stabilen Wachstumspfad zurückkehren zu können.

Diese Situation stellt die Mehrheit der deutschen Unternehmen bereits jetzt vor enorme Herausforderungen. Je nach Unternehmen umfasst das Themen wie die Überprüfung weiterer strategischer Optionen, das Hinterfragen geplanter Investitionen, den Umgang mit steigendem Wettbewerbsdruck am Markt in Folge rückläufiger Nachfrage, die Wiederaufnahme der Produktion und Sicherung der eigenen Lieferfähigkeit, die Steigerung der Effizienz und die Reduktion von Kosten oder die Sicherstellung einer ausreichenden finanziellen Ausstattung.

Dazu kommen noch interne und externe Restriktionen aufgrund des Virus selbst, die im täglichen Geschäft zu einer stärkeren Beschäftigung mit betriebsinternen Themen und insbesondere auch zu einem deutlich höheren Führungsaufwand führen.

In einer solchen Situation sind unternehmerisch agierende und hoch motivierte Führungskräfte gefragt, die in der Lage sind, ihre Mitarbeiter mitzureißen und die mit großem persönlichem Einsatz an der Überwindung der Krise arbeiten.

Um die Motivation der Führungskräfte längerfristig hoch zu halten, müssen die Führungskräfte sehen, dass der hohe persönliche Aufwand auch entsprechend honoriert wird und dass nicht nur die Eigentümer bzw. Investoren, sondern auch sie selbst finanziell stark davon profitieren, wenn das Unternehmen die Krise erfolgreich meistert.

Aus diesem Grunde sollten die Unternehmen auch die Incentivierung der Führungskräfte im Rahmen der variablen Vergütung zeitnah überprüfen, um sicherzustellen, dass dadurch die richtigen Anreize gesetzt werden.

Ein Blick in den Markt zeigt, dass die variable Vergütung dies bei der Mehrheit der deutschen Unternehmen in Bezug auf Höhe und Ausgestaltung nur bedingt leisten kann und dringend angepasst werden muss. Dies liegt insbesondere an drei Faktoren:

1.       Die variable Vergütung ist zu niedrig

Abgesehen von den großen DAX-Unternehmen ist die variable Vergütung in Deutschland im internationalen Vergleich immer noch relativ niedrig ausgeprägt. Dies führt zu eher geringen Anreizeffekten, ganz besonders in einer solchen Extremsituation.

Die Unternehmen sollten sich aktuell in Bezug auf die Höhe deutlich oberhalb des bisher üblichen Niveaus bewegen, um einen sehr machtvollen Anreiz zu bieten.

2.       Langfristige Vergütungskomponenten spielen kaum eine Rolle

Anders als z. B. in den USA verfügen viele deutsche Unternehmen und insbesondere auch die nicht-börsennotierten Unternehmen für die Führungskräfte über keine oder über keine signifikante langfristige Vergütungskomponente/Long-Term Incentive (LTI). Dies ist auch ein Grund dafür, dass die variable Vergütung in Deutschland oft niedriger ausfällt als in Ländern wie China oder den USA.

Ein LTI ist das ideale Instrument, um die Motivation der Führungskräfte über einen längeren Zeitraum hoch zu halten. Da LTIs typischerweise an Konzernzielen festgemacht werden, fördern sie auch das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Zusammenarbeit zwischen den Führungskräften, was für die Überwindung der aktuellen Krisensituation ebenfalls sehr wichtig ist.

Aus diesem Grunde ist auch nicht verwunderlich, dass wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben, dass Unternehmen, die für Top-Führungskräfte über einen signifikanten LTI verfügt haben, die Folgen der Finanzkrise deutlich besser gemeistert haben als Unternehmen ohne LTI.

Die Unternehmen sollten in der aktuellen Situation über die Gewährung eines hohen On-Off-LTIs nachdenken, der dann zur Auszahlung kommt, wenn die Krise erfolgreich gemeistert wurde. Um einen wirklich hohen Anreiz zu schaffen, sollte der LTI pro Jahr Laufzeit mindestens so hoch sein wie der jährliche Zielbonus.

3.       Ausgestaltung der Bonusmodelle in der Krise oft kontraproduktiv

Das größte Problem liegt allerdings in der Ausgestaltung vieler Bonusmodelle. In der Regel verfügen die Bonusmodelle für die finanziellen Komponenten über eine Einstiegshürde bei einer Zielerreichung von 70 % oder 80 %, unterhalb der es zu keiner Auszahlung kommt. Bei den meisten Unternehmen ist zu erwarten, dass die bei Jahresbeginn festgelegten finanziellen Ziele in diesem Geschäftsjahr so deutlich verfehlt werden, dass die Zielerreichung unterhalb der Einstiegshürde liegt und somit auch kein Bonus aus der finanziellen Komponente gezahlt wird.

Dies ist in konjunkturell normalen Zeiten durchaus richtig, da die variable Vergütung grundsätzlich auch variabel sein soll und auch auf null fallen können muss. Wenn die Führungskräfte in der aktuellen Krisensituation allerdings zu einem so frühen Zeitpunkt im Jahr schon wissen, dass sie keinen oder einen deutlich niedrigeren Bonus erhalten (und auch kein LTI vorhanden ist), obwohl sie signifikant mehr leisten müssen, kann dies zu einer sinkenden Motivation führen. Spätestens im zweiten Halbjahr besteht auch ein gewisser Anreiz, Umsätze ins nächste Geschäftsjahr zu schieben, in der Hoffnung, dass der Bonus dann entsprechend höher ist. Dies kann dazu führen, dass die Ergebnisse im aktuellen Geschäftsjahr noch weiter fallen.

Dies trifft insbesondere die Unternehmen besonders stark, die in den letzten Jahren die Verknüpfung von individueller Leistung und Bonus aufgegeben haben und den Bonus nur noch rein auf Basis der Unternehmensergebnisse bemessen.

Aus diesem Grunde sollten die Unternehmen darüber nachdenken, ob es Sinn macht, den Bonus für das aktuelle Geschäftsjahr anzupassen.

Eine Lösung hierfür wäre eine Anpassung der finanziellen Ziele. Dies ist allerdings aktuell für viele Unternehmen schwierig, da kaum abschätzbar ist, wie sich das Geschäftsjahr weiterentwickelt und was dann ein sinnvolles Ziel ist. Alternativ könnte beispielsweise ein Bonuspool in einer Mindesthöhe ausgelobt werden, der dann auf Basis einer Performance-Beurteilung auf die Führungskräfte verteilt wird.

Beide Lösungen würden allerdings – im Gegensatz zu einem LTI – im nächsten Jahr zu Auszahlungen und somit auch zu einem Liquiditätsabfluss führen, den sich manche Unternehmen nicht leisten können bzw. der nicht für Investitionen zur Verfügung steht.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass viele Unternehmen vor dem Hintergrund der aktuellen Krisensituation einen kurzfristigen Handlungsbedarf bei der variablen Vergütung der Führungskräfte haben. Diesem könnte in zwei Schritten begegnet werden:

Im ersten Schritt sollte kurzfristig überlegt werden, ob und wenn ja, wie der Bonus für das aktuelle Geschäftsjahr angepasst wird. Zusätzlich sollte über die Gewährung eines On-Off LTIs in signifikanter Höhe nachgedacht werden, der nach drei bis vier Jahren bei entsprechender Performance zur Auszahlung kommt. Diese Maßnahmen sollten spätestens im Juli an die Führungskräfte kommuniziert werden, um einen möglichst hohen Anreizeffekt für das aktuelle Geschäftsjahr zu erreichen.

Im zweiten Halbjahr sollte dann in einem zweiten Schritt mit Blick auf die nächsten Geschäftsjahre die variable Vergütung für alle Führungskräfte und Mitarbeiter (inkl. Vertrieb) überprüft und in Bezug auf die Anreizwirkung optimiert werden.

 

Gerne zeigen wir Ihnen den konkreten Handlungsbedarf für Ihr Unternehmen auf und unterstützen Sie bei der Entwicklung einer unternehmensspezifischen Lösung.