Kaum eine Mitarbeitergruppe hat mehr direkten Einfluss auf das Wachstum eines Unternehmens wie die Mitarbeiter im Vertrieb. Aus diesem Grunde ist auch besonders wichtig, in diesem Bereich als Unternehmen besonders attraktiv für Top Talente zu sein und diese auch nachhaltig motivieren zu können.
Traditionell spielt in diesem Zusammenhang die Vergütung eine wichtige Rolle, da die Mitarbeiter im Vertrieb in der Regel stärker extrinsisch motiviert sind und auch die Ergebnisse sehr gut messbar sind.
Um zusätzliches Wachstum zu generieren und keine Umsätze und Gewinne zu „verschenken“, optimieren aktuell viele Unternehmen die Wirksamkeit der Vertriebsvergütung.
Dabei geht es einerseits um ein möglichst attraktives Vergütungsmodell, um auch in Zeiten eines immer stärker werdenden Fachkräftemangels für Top Vertriebsmitarbeiter als Arbeitgeber interessant zu sein. Andererseits soll die Steuerungs- und Motivationswirkung der Vergütung deutlich erhöht werden.
Die Überarbeitung bzw. Optimierung der Vertriebsvergütung in vielen Unternehmen hat zu den nachfolgend beschriebenen Trends im Markt geführt.
Vertriebsvergütung wird zum maßgeschneiderten Steuerungsinstrument
Um die Steuerungs- und Motivationswirkung der Vertriebsvergütung zu optimieren, werden die Systeme wesentlich stärker auf unterschiedliche Unternehmenseinheiten, Produkte, Märkte, Vertriebswege und Funktionen zugeschnitten, als in der Vergangenheit.
Oft wird durch den Konzern maximal noch ein Rahmen vorgegeben, während die Ausgestaltung der Systeme bei den einzelnen Unternehmenseinheiten bzw. im Vertrieb selbst liegt.
Der variable Anteil steigt
Ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Steuerungs- und Motivationswirkung ist in vielen Unternehmen eine teilweise deutliche Anhebung des variablen Anteils an der Vergütung.
Gerade in klassischen Industrieunternehmen bzw. Familienunternehmen lag der variable Anteil in der Vergangenheit deutlich unterhalb eines Anteils von 20 %, ab dem von einem signifikanten Incentive-Effekt ausgegangen werden kann.
Heute liegt der variable Anteil für Außendienstmitarbeiter im Ziel meist zwischen 20 % und 50 % der Gesamtvergütung. Je nach Branche und individuellem Deal teilweise noch höher.
Die Erhöhung des variablen Anteils erfolgt in der Regel nicht komplett on-top, sondern im Rahmen neuer Deals, die auch von der Höhe der finanziellen Ziele abhängen.
Unterschiedliche Deals für die Mitarbeiter
Auch Vertriebsmitarbeiter sind nicht alle gleich extrinsisch motiviert und wollen in Bezug auf die Vergütung das gleiche Risiko auf sich nehmen.
Aus diesem Grunde bieten Unternehmen vermehrt unterschiedliche Deals an, die sich in Bezug auf Grundvergütung und variablen Anteil sowie teilweise auch auf die dahinter liegenden finanziellen Ziele oder die Zielerreichungskurve unterscheiden.
Beispiele:
Deal 1 – Variabler Anteil von 20 %:
Grundvergütung: 80.000 Euro
Ziel-Bonus: 20.000 Euro
Zielgesamtvergütung: 100.000 Euro
Deal 2 – Variabler Anteil von 1/3:
Grundvergütung: 70.000 Euro
Ziel-Bonus: 35.000 Euro
Zielgesamtvergütung: 105.000 Euro
Deal 2 ist insbesondere bei Übererfüllung der Ziele und damit gerade für Top Verkäufer sehr interessant.
Zielsysteme ersetzen reine Provisionsmodelle
Aktuell werden gerade bei vielen Unternehmen reine Provisionsmodelle durch Ziel-Modelle oder Hybrid-Modelle abgelöst.
Dies liegt insbesondere an der besseren Steuerungswirkung von Ziel-Modellen.
Während Provisionsmodelle typischerweise ab dem ersten Euro Umsatz auszahlen, kommt es bei Ziel-Modellen aufgrund der Einstiegshürde erst dann zu Auszahlungen, wenn auch eine wirkliche Leistung erbracht wird (z. B. ein Mindestumsatz von 75 % des Jahresziels).
Zudem können besondere Anreize für eine Übererfüllung z. B. über eine steilere Zielerreichungs-Kurve gesetzt werden.
Im Rahmen von Ziel-Modellen können auch unterschiedliche Anforderungen an die Vertriebsmitarbeiter durch mehrere Ziele, möglicherweise auch nicht-finanzielle Ziele, besser abgebildet werden.
In bestimmten Branchen, z. B. im Handel, bleiben aber Provisionsmodelle weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Vergütung.
Finanzielle Bemessungsgrundlagen abhängig von der Unternehmenszielen
Die verwendeten finanziellen Bemessungsgrundlagen hängen stark von den Zielen und der Strategie der Unternehmen oder Unternehmenseinheiten ab.
Wenn ein profitables Wachstum im Vordergrund steht, wird in der Regel auf Deckungsbeiträge oder auch EBIT abgestellt.
Wenn Marktanteile oder z. B. die Auslastung von Fabriken erhöht werden soll, wird auf Umsatzgrößen abgestellt.
Die finanziellen Ziele sind typischerweise individuelle Ziele (Beeinflussbarkeit) und teilweise auch Teamziele. Konzern- oder Bereichsziele gibt es in der Vertriebsvergütung kaum.
Verstärkte Verwendung von nicht-finanziellen Zielen
Neben den finanziellen Zielen verwenden viele Unternehmen zur Erhöhung der Steuerungswirkung mittlerweile auch nicht-finanzielle Ziele.
Dies kann strategische Ziele (z. B. Erhöhung des Umsatzes pro Kunden, Erhöhung des Anteils neuer Produkte, etc.) aber auch individuelle Ziele bzw. Kompetenz-Ziele (z. B. persönliche Weiterentwicklung, Erhöhung des Produktwissens bei neuen Produkten, Pflege des IT-Systems, etc.) umfassen.
Die Gewichtung der nicht-finanziellen Ziele ist aber in der Regel niedriger, als die Gewichtung der finanziellen Ziele.
Überarbeitung der technischen Ausgestaltung der Vergütungsmodelle
Viele Vertriebsvergütungsmodelle sind historisch gewachsen und erfüllen die aktuellen Anforderungen nur noch bedingt. Im schlimmsten Falle führen sie zu Fehlentwicklungen und Demotivation der Vertriebsmitarbeiter.
Dies umfasst meist eher technische Aspekte wie z. B. die Ausgestaltung der Auszahlungskurve und die Festlegung der Ziele.
Aus diesem Grunde liegt hier oft auch der Anlass zu Überarbeitung der Vertriebsvergütung.
Gewährung von Long-Term Incentives/LTI an die Vertriebsmitarbeiter
Aufgrund des hohen direkten Einflusses auf das Wachstum, gewähren immer mehr Unternehmen ihren Vertriebsmitarbeitern auch Long-Term Incentives/LTI und beteiligen sie so an der langfristigen Entwicklung des Unternehmens.
Dies erhöht einerseits die Attraktivität als Arbeitgeber und fördert zudem die Motivation der Vertriebsmitarbeiter.
In der Regel werden dafür die vorhandenen LTIs für die Führungskräfte an die Vertriebsmitarbeiter gewährt, teilweise auch in vereinfachter Form.
Fazit
Wenn Unternehmen wachsen wollen, dann empfiehlt sich eine Überprüfung und Optimierung der Vertriebsvergütung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit. Bei der Mehrheit der Unternehmen lässt sich dadurch ein signifikanter Wachstumseffekt erzielen.
Aus diesem Grunde haben viele Unternehmen in den letzten Jahren ihre Vertriebsvergütung auf den Prüfstand gestellt und die Systeme überarbeitet.
Die Effekte auf das organische Wachstum sind vergleichsweise schnell und einfach zu erreichen. Dabei ist das Risiko für die Unternehmen deutlich geringer als beispielsweise bei anorganischem Wachstum durch Zukäufe von Unternehmen.